In der
Fortsetzung geht es um: wer sind die Lotsen, wie werden Sie ausgebildet,
wie sehen sie ihre Aufgaben? Wie funktioniert das amerikanische
System für VFR Piloten am Beispiel des Luftraumes Charlie?
Was ist "Flight Following"? Auch eine spannende Geschichte
aus der Praxis und die Pointe dazu...
KENNETH:
Ich denke, die Fluglotsen, also all die Leute vor den Radarbildschirmen
oder in den Kontrolltürmen, machen vielleicht 11.000 im ganzen
Land aus. Sie alle sind Angestellte einer öffentlichen Behörde.
Ich weiß selber nicht, wie sie das alles finanzieren, ohne
die Piloten mit einer Steuer und Gebühren zu belasten. Vielleicht
teilweise doch über manche Gebühren. Du zahlst zwar
keine Landegebühren und für andere Services, aber hast
du nicht für Deine Prüfung zum Privatpiloten zahlen
müssen?
AVIATOR:
Ja. Das waren 60 USD für den schriftlichen Test (knowledge
written exam) und nochmals 150 USD für die praktische Prüfung
(oral and flight test) zum Privatpiloten.
KENNETH:
Das sind nicht gerade ungeheure Gebühren. Irgendwie arbeitet
das als Gesamtes doch recht angenehm. Es steckt ein wenig Ökonomie
dahinter und glücklicherweise hat jemand herausgefunden,
wie sich das Ganze erhalten läßt ohne dass wir gleich
für alles zur Kassa gebeten werden.
AVIATOR:
Lass uns zu einem weiteren, interessanten Aspekt deiner Arbeit
wechseln. Wie wird man eigentlich Fluglotse in den USA?
KENNETH:
Ich würde sagen, dass ein großer Anteil von uns - ca.
ein Drittel - aus dem Militär stammt. Das sind Leute, die
mal einen Kontrakt unterschrieben haben bei der Air Force, der
Navy oder der Armee und gesagt haben: „O.k., da bin ich”
und sie haben geantwortet: „O.k., Sie werden ein Lotse sein.”
Sie haben dort die notwendigen Fachkenntnisse erworben und später
in den Zivilsektor gewechselt. Sie haben also nur die Grundlagen
beim Militär gelernt, dann gewechselt und ihr Können
in die FAA transferiert.
Die anderen Verbleibenden, wozu auch ich zähle, haben eine
Kleinanzeige in der Zeitung unter dem Titel „Bestehen Sie
die Prüfung zum Fluglotsen” gesehen, die mehr oder
weniger aussagt: „Komm und lerne für diese Prüfung.”
Ich habe also angerufen und nachgefragt und die Antwort lautete:
„O.k., wir haben dieses Buch und wir unterrichten dich,
wie man für diese Prüfung lernen und sich vorbereiten
soll und dann haben Sie eine Aufnahmsprüfung zu schaffen,
welche grundsätzlich aus einem Eignungstest besteht”.
Ich habe dann die für den Luftverkehr zuständige Federalbehörde
angerufen und nach dem Ort gefragt, wo man zu der Prüfung
antreten kann. Ich war in Denver, Colorado also haben sie gesagt:
„Gut, wir haben auch einen baldigen Termin in Denver.”
Und das war in jeder der großen Städte im Land wahrscheinlich
genauso; sogar viermal pro Jahr. Sie machen diese Tests jetzt
nicht mehr so häufig, weil sie momentan wahrscheinlich genug
ATC’s (Anm. d. Interv.: Air Traffic Controller) haben, aber
zurück in das Jahr 1990: Du konntest kommen und ohne Umschweife
zu einer Prüfung antreten. Sie überprüften unter
anderem deine Teamfähigkeit, dein Kurzzeitgedächtnis
und räumliches Vorstellungsvermögen und sie zeigten
dir kleine Charts: „Hier ist das Flugzeug A, hier das Flugzeug
B und dort ist der Flughafen. Dieses fliegt mit 500 Knoten und
das andere mit 400 Knoten. Welches wird als erstes am Landeplatz
ankommen?” Einfach Grundlagen. Etwas visualisieren und schnell
rechnen. Oder: „Wie viele Minuten wird es dauern bis das
Flugzeug B am Landeplatz G ankommt? Die Geschwindigkeit beträgt
400 Knoten und die Distanz ist 35 NM.” Natürlich läuft
die ganze Zeit eine Uhr mit und es gibt ein Zeitlimit. Das Ganze
muss schnell gehen. Du hast nicht Zeit, um dich hinzusetzen und
irgendein Problem genau zu erörtern. Vielmehr musst du deinen
Prüfer kurz anschauen und gleich loslegen: „12 Minuten
bis zum Landeplatz.”
Also zuallererst ist das ein Prozess des Durchsiebens. Du nimmst
an dem Anfangstest teil und danach wählen sie alle Leute
mit dem Ergebnis von 90% (Anm. d. Interv.: der richtig beantworteten
Fragen) oder mehr aus. Falls es weniger als 90% waren, dann ein
kurzes: „Danke, wir können Sie derzeit nicht gebrauchen.
Sie sind willkommen bei einer anderen Beschäftigung, aber
dazu können wir Sie nicht engagieren.” Falls du aber
doch zu den Glücklichen zählst, wirst du zu einem vierwöchigen
Training im Nationalen Trainingscenter in Oklahoma City geschickt.
In dieser Zeit bringen sie dir mehrere Flugverkehrsregeln bei
und am Ende musst du durch eine Testreihe gehen und diese Regeln
anwenden. Ein Minimum von 70% muss korrekt sein. Falls du es nicht
schaffst, sagen sie dir: „Danke, wir brauchen Sie nicht.
Wir können Sie nicht beschäftigen.” Falls es dir
gelungen ist: „O.k., kommen Sie zur nächsten Auswahlphase.”
Aus der Anfangsmenge der Kandidaten schaffen also vielleicht 10%
den ersten Eignungstest und kommen hier ins Center. Nach vier
Wochen schafft es vielleicht die Hälfte, also 5% der Anfangsmenge.
In der kommenden Phase werden dir spezielle Kenntnisse und Fähigkeiten
für den Kontrollturm, den Radarraum beigebracht. Sie teilen
das Ganze in drei Bereiche auf. Von den Beteiligten schaffen es
ziemlich viele, so um zwei Drittel. Das macht also 3% der Anfangsmenge
aus und diese 3% werden dann zu verschiedenen Einrichtungen wie
hier in Wichita gechickt. Sie verbringen dort ein bis zwei Jahre
und trainieren die lokalen Prozeduren zusammen mit jemandem der
vollqualifiziert ist. Am Kontrollturm in Wichita sagen wir z.B.:
„Runway 19L”, wir geben dir den Steuerkurs nach dem
Abflug. Dann kommen noch Prozeduren für die Erteilung von
Freigaben, Prozeduren der Flugverkehrskontrolle auf dem Rollfeld
und Radar. Du mußt durch das Ganze durch. Jetzt schaffen
das wahrscheinlich ca. zwei Drittel und ein Drittel bekommt die
Antwort: „Nein danke, wir werden Sie nicht einstellen.”
Zusammengerechnet kommen ca. 2% der Anfangszahl ans Ziel und beginnen
dann als ATC zu arbeiten. So hat das funktioniert. Ich bin vollqualifiziert,
um in Wichita als ATC zu arbeiten. Möchte ich aus irgendeinem
Grund den Ort wechseln, z.B. nach Kansas City, müsste ich
dort wieder die Schulbank drücken; hm, vielleicht nicht wortwörtlich,
aber dort müsste ich wieder ein Training mit den lokalen
Prozeduren absolvieren. Im ganzen Berufseinstiegsprozess finden
sie relativ schnell heraus, wer geeignet ist und wer nicht, denn
wenn sie jeden von der Straße nehmen würden, würde
es der eine schaffen, der andere nicht. Deshalb haben sie zahlreiche
Tests entwickelt, um geeignete Leute auszuwählen, bevor sie
Jahre in ihre Ausbildung investieren. So haben sie in den meisten
Fällen nach vier bis sechs Wochen gewusst, wer geeignet ist
und wer nicht. So, das war mein Beginn. Es gibt aber keine Beschränkungen.
Jeder wer will, kann an einem Eignungstest teilnehmen.
Seit einigen Jahren haben sie auch ein Ausbildungsprogramm: du
kannst ins College gehen und mit dem Grad für Luftfahrtverwaltung
abschliessen. Du gehst zur Uni und bekommst ein Collegedegree
im Bereich der Luftfahrtverwaltung und einer der Schwerpunkte
kann Fluglotse sein. Wenn Du also zum College kommst und dich
für das ATC-Programm verpflichtest, garantieren sie dir gewöhnlich
einen Job nach dem Abschluß, irgendwo im Rahmen der FAA.
Du studierst vier Jahre lang und beginnst danach in St. Paul (Minnesota),
Wichita (Kansas) oder sonst wo zu arbeiten. Das ist ein weiterer
Weg wie sie Leute für diesen Beruf finden.
AVIATOR:
Wie viele Piloten gibt es unter euch ATC’s?
KENNETH:
Wir haben hier ca. 50 Leute, die in diesem Gebäude arbeiten;
davon sind glaube ich 10 aktive Piloten. Es gibt aber einige mehr
- und ich zähle auch dazu - die einen Pilotenschein machen
möchten, weil du sowohl hier im Kontrollturm als auch vor
dem Radar am Radio die Gespräche hörst und siehst, wieviel
Spaß die Piloten haben, die gerade starten. Am Radio zu
sprechen, wird sicher kein Problem für einen ATC sein. Ich
glaube, für viele neue Flugschüler ist das Radio ganz
schön unheimlich. Vielleicht weil der ATC zu schnell spricht,
oder weil alles für sie so neu und ungewöhnlich ist.
Aber wenn du weißt wie das mit dem Radio läuft, dann
gehst du fliegen und sprichst am Radio mit einer Leichtigkeit
als würdest du mit deiner Freundin am Telefon sprechen.
AVIATOR:
Eine etwas umgekehrte Lage im Vergleich dazu, was viele meiner
Kollegen aus Polen, Österreich oder Singapur erleben, die
wegen des Fliegens oder wegen ihrer Pilotenlizenz nach Benton
kommen.
KENNETH:
Ja. Das kommt mir alles sehr bekannt vor, auch bei amerikanischen
Flugschülern. Es gibt einen Stressfaktor bei neuen Schülern
oder Ungeübten in Bezug auf das Radio: wenn sie etwas falsch
machen, wird der Fluglotse sehr böse sein. Oder wir werden
ihn beschimpfen oder sonst etwas in diese Richtung. Das ist aber
nicht der Fall. Vielleicht gibt es Ausnahmen, Leute die auf diese
Art reagieren, aber letztendlich kommen wir zu unserem Arbeitsplatz
wie jeder und unsere Aufgabe ist es, dir zu sagen, wie du zu deinem
Ziel kommen kannst und wenn niemand fliegen würde, wären
wir arbeitslos. Ich persönlich empfinde eine Art Dankbarkeit
dafür, dass Leute fliegen, weil das meinen Job absichert.
Jeden Tag, wenn die Piloten irgendwohin fliegen wollen, brauchen
sie ein Flugservice im Kontrollturm und am Radar, und ich bin
dankbar dafür und heiße sie willkommen.
AVIATOR:
Es ist wirklich nett das von dir zu hören. Wenn du noch zusätzlich
die Möglichkeit hättest, mit einem Schlag zu tausenden
Piloten zu sprechen, was würdest du all denen gerne sagen?
KENNETH:
Eine der wichtigsten Botschaften von einem Fluglotsen an die Piloten
ist genau das, was wir schon gesagt haben: wir sitzen hier
um euch dabei zu helfen sicher zu fliegen. Wir wollen euch
natürlich nicht erklären, wie ihr das Flugzeug zu steuern
habt. Ich meine z.B. die Navigierung oder Kollisionvermeidung.
Wenn es also etwas gibt was dich beunruhigt oder wodurch du besorgst
bist, sag uns wie wir dir helfen können, denn genau dazu
ist das Radio da.
Vor einigen Jahren haben wir hier eine Situation erlebt wo zwei
Citationjets zu einem Formationsflug abgehoben sind. Normalerweise
schaltet in diesen Fällen nur das erste Leaderflugzeug den
Transponder ein. Das zweite, der „wingman” schaltet
dann gewöhnlich seinen Transponder aus oder auf Stand-by;
auch, wenn er manchmal zeitweise während des Fluges ein spezielles
Squawk einstellt, um zu zeigen, dass er einen Teil dieses Fluges
darstellt. Vorschriftsmäßig spricht am Radio nur der
Leader. Der zweite hört alles am Radio, aber sprechen tut
nur sein Leader.
Sie starteten nacheinander. Es war im Dezember zwischen drei und
vier Uhr nachmittags, als die Sonne schon tief am Horizont stand.
Sie stiegen beide auf und setzten den Kurs genau gegen die Sonne.
Der zweite in der Formation verlor im Blick gegen die Sonne seinen
Leader. Er sollte aber ständig auf der rechten Seite des
Leaders bleiben, wie angeleimt sozusagen. Ich arbeitete genau
in der Zeit am Radarschirm. Der Leader startete und wusste gar
nicht, dass sein wingman verloren gegangen ist, weil er nicht
nach hinten sehen konnte. Der hintere Mann startete zwar rasch
nach dem ersten, konnte aber den Leader nicht ausmachen. Er hoffte:
„O.k., ich werde ihn bald finden.” Dann ging er auf
Kurs. Der Leader war nicht zu finden gegen die Sonne! Er schaltete
seinen Transponder leider nicht ein und deshalb gab es kein Radarecho
von seinem Transponder auf dem Schirm! Normalerweise sollte das
jeder in so einer Situation tun, damit zumindest ein deutliches
Radarecho am Bildschirm sichtbar ist.
Er schaute nach vorne und fand ein Flugzeug. Er war erleichtert,
weil er dachte es sei sein Leader. Es war aber eine Boeing 737
der American Airlines, gerade auf dem Weg von Phoenix nach Wichita.
Na, ja. Er steuerte schon in die Richtung des vermeintlichen Leaders,
als er bemerkte: Gott, der ist viel zu groß und auf Gegenkurs!
In der letzten Sekunde leitete er ein Ausweichnotmanöver
ein. Der Kapitän und der zweite Pilot der 737 nahmen nur
einen Lichtblitz vor der Nase des Flugzeuges nach rechts verlaufend
wahr. Niemand wurde verletzt oder starb.
Meine Pointe dieser Geschichte ist: wenn dieser Bursche sagen
würde: „Ich habe meinen Leader verloren, ich kann ihn
nicht finden”, würde ich Bescheid wissen und vielleicht
auch sein Leader und die Piloten der 737, dass es irgendwo ein
verlorengegangenes Flugzeug gibt. Ich würde einfach Ausschau
nach ihm halten. Es würde mir reichen zu sagen: „Schalten
Sie Ihren Transponder ein und Sagen Sie mir in welcher Höhe
Sie fliegen.” Das wäre kein Problem gewesen. So wie
es gekommen ist, war das sehr unbehaglich und knapp. Weil er dachte,
dass er nichts sagen darf. Weil die Vorschriften sagen, dass du
immer in der Nähe des Leaders bleiben musst. Aber im Falle
eines Problems mach dir keine Gedanken darüber, sondern
denke zuerst an deine Sicherheit und die der anderen; bleib
auf der Seite der Sicherheit und lass uns erst danach über
Vorschriften reden. Nicht umgekehrt!
Was wir machen wollen, ist vor allem einen sicheren und wohlgeordneten
Verkehr und erst dann, an zweiter Stelle einen prompten Verkehr
und dazu gehört einfach etwas mehr, als nur den Verkehr zu
regeln.
Ich denke, dass einer der kritischen Faktoren beim Fliegen das
Wetter darstellt: Du musst über raues Wetter Bescheid wissen
und das ist ein wichtiger Grund, wieso wir da sind und. Wir bieten
unser Service einem United-Flug nach Chicago, aber auch einer
Cessna 150, welche in der nahen Umgebung von Bartersville nach
Benton fliegt. Es gibt keinen Unterschied. Jeder genießt
dieselbe Priorität. Das ist unser Job.
AVIATOR:
Du hast mir vor unserem Interview ein wenig darüber erzählt,
daher weiß ich, dass du asugebildet wurdest wie jeder Fluglotse,
um an verschiedenen Positionen in der Flugkontrolle arbeiten zu
können und dass ihr auch zwischen den Positionen wechselt.
Wieso?
KENNETH:
Einer der Gründe, wieso das System arbeitet, sind klar
abgegrenzte Verantwortungsbereiche. Wir werden in verschiedenen
Positionen im System trainiert, um alle verschiedenen Verantwortungsbereiche
kennenzulernen. Wir kommen als Neuankömmlinge hierher, gehen
die Treppen zum Turm hlnauf und beginnen an der Position Clearence
Delivery. Dort sprichst du nur mit Piloten, die sich in den noch
unbewegten Flugzeugen befinden. Alles was Du dort zu tun hast
ist lesen, wie etwa „maintain three thousand, departure
frequency will be ..., squawk ...” und es gleichzeitig in
den Computer zu tippen. Du lernst hier viele Grundlagen wie z.B.
die Ausrichtung der Pisten, wie routinemäßiger Verkehr
zum und vom Flughafen geleitet wird oder welche Radiofrequenzen
verwendet werden. Du lernst mit dem Computer und dem Computersystem
zu arbeiten. Du lernst die Höhen den Flugzeugtypen korrekt
zuzuweisen. Beispielsweise bekommt eine kleine Cessna im Abflug
3000 Fuß und ein United-Jet 5000 Fuß.
Das Ziel, das du am Ende des Trainings erreichen kannst ist, alle
diese Verantwortungsbereiche, welche von einzelnen Positionen
aus realisiert werden, zu einem Gesamtbild zu verschmelzen. Um
jedoch das komplexe Gesamtbild zu erfassen, musst du es auf kleinere
Einheiten aufteilen.
Clearance Delivery ist: Computerarbeit, Höhen und Flugflächen.
Als Ground Controller lernst du detailliert das Layout des Flughafens
kennen. du weisst dann, in welche Richtung die Pisten und Rollbahnen
verlaufen, aus welcher Richtung die meisten Winde kommen. du weisst,
wie eine Cessna 172 und eine Boeing 737 aussieht. du dirigierst
auf den Rollbahnen alle zu den verschiedenen Startbahnen und lernst
zu schätzen und einzukalkulieren, wie schnell das jeweilige
Flugzeug ist. Wer schnell rollt und wer langsam. Wenn eine United
(Boeing 737) und eine Cessna (172) in die gleiche Richtung wollen,
startet die United als erste. Sie sollte nicht der langsameren
Cessna folgen. Das ist der Job der Ground Control - den Verkehrsfluss
auf dem Boden so zu organisieren, dass der Große zuerst
zum Start rollt und dann der langsamere. Das lernst du also in
dieser Position.
Danach arbeitest du als Local Controller, um dort weiter zu lernen.
du arbeitest dort mit den Piloten an den Ab- und Anflügen
und übst mit den Piloten, die in der Platzrunde touch &
goes drehen.
Nach diesem Training weißt du schon wie der gesamte Tower
funktioniert und wie du im gesamten Raum Wichita arbeiten kannst.
Dann kommst du in den Radarraum und lernst alles über Flugdaten
und Computersysteme, wie man am Radarbildschirm arbeitet usw.
du lernst die Radarführung, wie z.B. der Verkehr von anderen
Flughäfen zu leiten ist. In unserer Nähe hat Hutchinson
(Anm. des Interv.: ein kontrollierter Flughafen der Klasse D)
eigene Prozeduren, die du zu beherrschen hast. du lernst auch,
wie über dem nahegelegenen Militärflughafen der gesamte
Verkehr sicher zu leiten ist. Das sind nur ein paar beispielhafte
Aspekte der Arbeit im Radarraum. Langsam lernst du die Aufteilung
des gesamten Luftraums in einzelne Sektoren kennen. Grob gesagt
ist der Luftraum hier in einen Westsektor mit einer zugeordneten
Radiofrequenz für Kommunikation mit dem Radar 126.7 MHz geteilt
und einen Ostsektor mit den Frequenzen 134.8 und 134.85 MHz. Die
zwei Frequenzen für den Ostsektor resultieren aus der vertikalen
Teilung dieses Sektors. Der sogenannte Low-Sektor startet vom
Grund und streckt sich bis zu einer Höhe von 4000 Fuß.
Dem anderen, dem sogenannten High-Sektor von 4000 Fuß bis
15000 Fuß, ist eine andere Frequenz zugeordnet. Die Zuordnung
kannst du auch von der dementsprechenden Navigationskarte ablesen.
Wenn es weniger Verkehr gibt, ist das dann oft ein und derselbe
Mann, der an beiden Frequenzen mit den Piloten spricht. Wenn er
aber beginnt, wirklich sehr beschäftigt zu sein, weil gleichzeitig
sehr viel los ist, wie z.B. Militärverkehr zum Militärflughafen,
viele Schulflugzeuge über Benton, Privatflugzeuge über
Jabara, Airlines welche aus Richtung Osten kommen, dann wird dieser
Fluglotse seine Arbeit nur auf einen der Sektoren beschränken
und ein anderer springt ein und arbeitet mit dem High-Sektor.
Jemand hat Versuche gemacht: wenn ein Fluglotse mehr als fünfzehn
Flugzeuge auf einer Frequenz hat, beginnt er zu vergessen.
AVIATOR:
Was fünfzehn? Arbeitest du wirklich mit 15 Flugzeugen gleichzeitig?
KENNETH:
Es passiert schon immer wieder, dass wir auf diese Zahl kommen.
Und wenn wir so viele reinbekommen sagt der Mann im Hintergrund,
der Supervisor, zum anderen: „Komm hierher und übernimm
den High-Sektor!”- und ich arbeite dann weiter mit dem Low-Sektor.
AVIATOR:
Auf diese Weise hast du mir schon im voraus meine nächste
Frage beantwortet: Was ist die Rolle des Supervisors?
KENNETH:
Der Supervisor beobachtet genau alle Operationen, die Lotsen,
einfach alles was im Radarraum los ist. Er hört zu, um die
Gebiete mit Verkehrsstockung zu lokalisieren. Und das kann er
an der Stimme des Lotsen erkennen. Wenn du mit 15 Piloten reden
musst, klingst du dann natürlich gestresster, als wenn du
mit drei zu tun hast. du sprichst schneller, weil du mehr Anweisungen
geben musst. Er kommt daraufhin zu dir und wenn er sieht, dass
es eine Verkehrsstauung gibt, weist er einen weiteren Lotsen zu
und teilt den Sektor in zwei Fragmente auf: in den Low- und den
High-Sektor. Die Prozeduren sind also festgelegt und wir machen
diese Aufsplitterung nach Bedarf. Und in den schlimmsten Zeiten
können wir z.B. einen Lotsen dazu delegieren, sich einfach
nur um den Verkehr zu kümmern, der auf der Militärbasis
landen will. In diesen Zeiten bekommst du eben manchmal eine andere
Frequenz zugewiesen (120,1 MHz). Und das ist sonst der Mann, mit
der Aufgabe, die gerade zur Landung herannahenden Flugzeuge schnellstens
einzureihen. Die Lotsen vom Low- und High-Sektor brauchen sich
dann also nicht um die Landenden zu kümmern. Sie geben sie
einfach rechtzeitig weiter an den anderen Lotsen. Es gehört
schon etwas dazu, das Ganze zu erlernen und sich einen Überblick
zu verschaffen, damit wir nach einer zweijährigen Ausbildung
jeden Aufgabenbereich bewältigen können und alles unter
einen Hut bringen, oder besser gesagt: unter einen Kreis um Wichita
– 15000 Fuß hoch.
AVIATOR:
Nach einem so vielseitigen Training funktioniert die Verständigung
zwischen den Lotsen im Alltag sicher sehr gut, nicht wahr?
KENNETH:
Ja, und das ist ein weiterer Sinn der Sache. Würde ich die
ganze Ausbildung umgekehrt beginnen, als der zuletzt genannte
Lotse, der an der Frequenz 120.1 MHz arbeitet, würde ich
dann zwar wissen, was in dieser Position zu tun ist, aber ohne
Verständnis dafür, was die anderen Leute um mich herum
tun und wie ich mit denen zusammenarbeiten sollte. Deshalb beginnen
wir mit dem Ausbildungsprozess im Kontrollturm als Clearance Delivery.
Nach der abgeschlossenen Ausbildung hast du dann den Überblick,
wie sich alles zusammenfügt.
AVIATOR:
Ich habe eine praktische Frage, die ich oft von meinen Kollegen
gehört habe: Wenn du die Klasse Charlie überquerst oder
als VFR-Pilot immer wieder das „Flight Following”
Radar Service nutzt, wirst du oft zwischen verschiedenen Fluglotsen
bzw. verschiedenen Frequenzen hin und her geleitet. du wirst also
zu einem anderen Lotsen weitergegeben, meldest dich dort und es
passiert nichts. Was ist los? - fragst du dich dann. Haben sie
mich vergessen?
Kannst du das etwas erläutern?
KENNETH:
Lass mich das an einem Beispiel erklären: nehmen wir an,
du startest in Benton, das sich ca. 15 Meilen östlich von
Wichita befindet und willst nach VFR nach Kingdom fliegen, das
im Westen von Wichita liegt. Nachdem du dich das erste Mal bei
dem Lotsen für Benton gemeldet hast und das ist gewöhnlich
Ost, Low-Sektor, Frequenz 134.8, bist du schon im Computersystem
und der Lotse wird dir rechtzeitig (Anm. d. Interv.: d.h. wenn
der Pilot den nächsten Sektor erreicht) sagen: „Contact
Wichita Approach on one three four point eight five”, welche
die Frequenz des High-Sektor Lotsen ist. Dieser wird normalerweise
sagen: „Hallo, altimeter is...” und sagt danach wiederum
rechtzeitig: „Contact Wichita Approach on one two zero point
one”. Der nächste Lotse sagt ebenfalls: „Hallo,
altimeter is...” und dann: „Call Wichita on one two
six point seven” und der nächste meldet sich: „Hallo,
altimeter is...”
Wir müssen also immer den Altimeter angeben. Wenn du von
Benton abfliegst, schalte auf jeden Fall den Transponder ein und
stelle einen dir zugewiesenen Code wie z.B. 0402 ein und unter
diesem Code wird dein Flugzeug im Computersystem gespeichert.
Dadurch hat jeder Lotse die notwendigen Informationen über
dich und deinen Flug bereits am Radarschirm. du musst uns nichts
mehr sagen. Wenn du das Radarservice nutzt, wozu du auch eingeladen
bist, ist das kein Problem, aber du brauchst nicht jedem Lotsen
von Neuem erklären, wer und wo du bist, da er diese Informationen
über dich bereits im System hat. Ist das Erklärung genug?
AVIATOR:
Ja, danke. Es gibt noch eine Situation in Bezug auf das Radio,
wo ich als Pilot unschlüssig bin. Wenn ich nach VFR mit „Flight
Following” fliege und weit und vielleicht auch tief genug
vom Radar entfernt bin, sodass die reelle Chance besteht, den
Radiokontakt zu verlieren und längere Zeit nichts vom Lotsen
höre: was soll ich in dieser Lage machen? Soll ich ihn kontaktieren
und sagen: „Da bin ich”, und den Transponder und die
Frequenz wechseln lassen?
KENNETH:
Ich denke, das ist generell o.k., wenn du über längere
Zeit nichts hörst - und das können 15 Minuten sein.
Überprüfe es und sag kurz: „Wichita, are you still
there?” Das Schlimme, was dir widerfahren kann ist, wenn
er sagt: „Yes, what you want?” Und das Schlimmste
was Dir unterlaufen kann ist, wenn du überhaupt keine Antwort
hörst, weil du außerhalb der Reichweite bist. Aber
normalerweise haben wir ein Flight Progress Strip mit deinem Rufzeichen.
AVIATOR:
Gilt das auch für VFR-Flüge?
KENNETH:
Ja, natürlich. Diese Papierstreifen bilden eine Absicherung,
sollte das Radarsystem einmal total ausfallen. Wir sehen dann
an dem Streifen: o.k. das ist eine Cessna 172 Nummer N35332 VFR
auf dem Weg von Benton nach Kingdom und können dich fragen:
„Cessna..., wie weit bist du von Kingdom entfernt?”
„12 Meilen.” „O.k., wir haben einen Radarausfall.
du bist auf dich allein gestellt”. Aber normalerweise ist
auf den Flight Progress Strips deine Spur festgehalten und wenn
du dich der Grenze unserer Reichweite näherst, was ca. 40-45
NM ausmacht, werden wir sagen, dass wir das Radarservice beenden
müssen und noch dazu: „Have a nice day!” Kontaktiere
Kansas City Center über die jeweilige Frequenz und schalte
den Transponder auf 1200, also den VFR-Code um. Das ist es, was
du hören solltest. Und wenn du das nicht hörst und glaubst,
dass du schon außerhalb der Reichweite vom Radar bist, dann
ruf zurück. Denn es ist möglich, dass dich jemand vergessen
hat; wir versuchen das nicht zu tun, aber es kann schon passieren.
Wir sind auch nur Menschen.
AVIATOR:
O.k., danke. Mir ist aber auch schon was Nettes passiert, nämlich
auf einem VFR-Nachtflug von Arkansas nach Benton, Kansas den ich
solo in einer recht sparsam ausgestattenen Cessna 150 gemacht
habe. Eine halbe Stunde nach dem letzten Radiokontakt rief der
Lotse mich nur, um mich zu fragen, ob alles in Ordnung sei und
ob ich ihn weiter am Radio gut empfangen kann.
KENNETH:
Oh, das war gut. Wenn du längere Zeit fliegst und es am Radio
keine Aktivitäten gibt, dann kannst du nicht sagen, ob das
Radio arbeitet oder nicht. Er hat es einfach für dich gecheckt.
Unser Luftraum ist wirklich nicht groß genug. du kannst
ihn auch mit starkem Headwind in einer halben Stunde durchfliegen
und ohne Wind werden es vielleicht 15 Minuten sein; aber für
das Radarcenter wie Kansas City ist das schon was anderes. du
fliegst Stunden um Stunden mit denen.
AVIATOR:
Kenneth, vielen Dank für dieses interessante und informative
Interview! Für uns Piloten ist es wichtig, auch einmal die
Stimme auf der anderen Seite des Radios kennenzulernen und etwas
über eure Arbeit zu erfahren.
KENNETH:
du bist immer herzlich willkommen. „Have a nice flight!”
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