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++ ATC: Fluglotse sein in den USA ++

"Der Fluglotse hilft Dir..." Ein Interview von Aviator
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Vorgeschichte

Diese Interviewreihe hat eine Vorgeschichte: vor einigen Jahren entschied ich mich, meine Karierre als Pilot im Alter von 40 Jahren in den USA zu beginnen. Das Schwierigste für mich während der fünfwöchigen Ausbildung zum Privatpiloten waren zwei Dinge: unabhängig von Wind und Pistenverhältnissen zu landen und schnell und korrekt mit dem Radio auf Englisch zu kommunizieren. Mit ca. 200 Landungen im Zuge meiner Ausbildung war das erste Problem aus dem Weg geräumt. Was war aber mit der Radiokommunikation?

Kontrollturm am FlughafenMein erster Flug zu einem kontrollierten Flughafen der Klasse C in der dritten Ausbildungswoche führte mich direkt zum Wichita Mid-Continental Airport und er entwickelte sich zu einem unvergesslichen Erlebnis der Sorte „kleiner Horror”. Ich verstand einfach nicht viel! Drei Tage später, dank der Freundlichkeit der Administration, insbesondere des Herrn Greg Largen und dem Entgegenkommen der hiesigen Fluglotsen verbrachte ich einen ganzen Tag am Flughafen abwechselnd im Kontrollturm und im Radarraum. Dort hatte ich die Möglichkeit, mich mit dem ganzen Geschehen, mit der Sprache, der Phraseologie und auch mit den spezifisch amerikanischen Gegebenheiten in der Flugverkehrskontrolle bekannt zu machen.

Was mir half war zuzuhören, sich an die Aussprache zu gewöhnen und Erklärungen über das Wie und Was aus erster Hand zu bekommen, sowohl über den typischen Verlauf der Vorgänge als auch über spezifische Begriffe wie z.B. „threesixty”, „dog and squared leg” usw. Eine andere, mindestens genauso wichtige Sache, die die Fluglotsen bei mir auslösten, war eine neue Einstellung: auch Fluglotsen sind Menschen, die nicht bei jedem Fehler böse werden und dass wir eigentlich alle gemeinsam an einem Strang ziehen. Deshalb sollten wir beide mit allen Mitteln für eine korrekte Verständigung Sorge tragen, und bei jedem Zweifel einfach die Kommunikationswunderphrasen „say again” oder „speak slower” ohne Scheu verwenden und bei Unklarheiten einfach nachfragen.

Nach meinem ersten Tag im Kontrollturm in Wichita wurde ich die Schwierigkeiten in Bezug auf die Radiokommunikation los; was mir jedoch blieb, war das Interesse für die Arbeit der Fluglotsen, und auf meinen Flügen nutzte ich immer wieder die Gelegenheit, einen Kontrollturm zu besuchen(das war noch lange vor der schlimmen Geschichte). Nach einer höflichen Anfrage war ich dort auch immer ein willkommener Gast.

Flughafen Wichita aus der Sicht des FluglotsenMan erklärte mir auch, dass Piloten als Besucher generell willkommen sind und dass viele Einrichtungen auch geregelte Besuchszeiten haben, da die Überzeugung herrscht, dies trage zur besseren beiderseitigen Verständigung bei. Kein Wunder also, dass Wichita Mid-Continental immer wieder einen Tag der offenen Tür organisiert, an dem jeder Interessierte - nicht nur Piloten - einen Einblick in das Funktionieren der Luftraumüberwachung gewinnen kann. Außer einer Führung durch den Kontrollturm und den Radarraum, begleitet von professionell aber auch verständlich ausgeführten Erklärungen, werden dort für die Mutigen sogar kurze „Versuche” im Radarschulungsraum vor Ort angeboten, nämlich als Fluglotse für einen der Abflug- oder Anflugsektoren mit Hilfe der Instruktoren zu arbeiten.

Für diese Interviewsreihe mit diversen Lotsen habe ich ganz gezielt einige der amerikanischen kontrollierten Flughäfen ausgesucht, die sich durch einen sehr hohen Anteil am General Aviation-Verkehr (lokal und transit) auszeichnen. Dieser Anteil beträgt 61% für Drake Field, Fayetteville in Arkansas, 89% für Hutchinson in Kansas, 90% für Kansas City Downtown in Missouri und 75% für Wichita Mid-Continental in Kansas.

Das erste Interview hier führte ich mit Kenneth A. Locke, einem Fluglotsen am Wichita Mid-Continental Airport in Kansas. Das ist ein für amerikanische Verhältnisse mittelgroßer Airport mit durchschnittlich 560 Flugoperationen täglich, was ihn der Verkehrsdichte nach direkt nach den zwei größten, deutschen Flughäfen Frankfurt und München plaziert und vor anderen Flughäfen wie Hamburg, Berlin Tempelhof oder Wien Schwechat.

 

Interview mit Kenneth A. Locke - geführt am 15.09.2000 von Chris Barszczewski:

 

Fluglotse sein - kein leicher BerufAVIATOR: Immer wieder kommt es zu Verständigungsschwierigkeiten, vor allem bei Anfängern oder auch ausländischen Piloten. Ich bin das dritte Mal bei euch in der Flugsicherung am Flughafen Wichita Mid-Continental und beobachte wieder einmal Piloten bei euch im Training. Was macht ihr, wenn jemand Schwierigkeiten hat, euch am Radio zu verstehen?

KENNETH: Wir helfen Piloten, die zu uns zum Training kommen und kein gutes Englisch sprechen. Wenn sie aber die Phrasen „cleared to land”, „cleared for take off” nicht verstehen, dann haben sie wirklich ein ernsthaftes Problem. Ich weiß nicht, was in solchen Situationen noch zu tun ist. Wenn du ihm sagst „Hold over there, there is 747 on final” oder „make a threesixty” du weißt schon...

AVIATOR: Ich habe mit vielen Piloten aus Österreich, Polen und Singapur gesprochen, die immer wieder in deinem Luftraum unter anderem auch die Phraseologie trainieren. Ihrer Meinung nach halten sich die europäischen Fluglotsen ziemlich streng an die Funkphraseologie, während die amerikanischen Fluglotsen manchmal recht frei sprechen.

KENNETH: O.k. Das ist einfach zu erklären. Die wichtigste Sache ist letztendlich die richtige Verständigung. Wenn mich ein Pilot aus diesem oder jenem Grund nicht versteht, dann probiere ich etwas anderes.

Und soweit sich die ganze General Aviation (GA) weiterentwickelt, habe ich wirklich das Gefühl, dass wir gerade deswegen unseren Job haben. Große Flughäfen müssen wegen der Airlines Fluglotsen haben. Kleine Airports... Wichita Mid-Continental ist ein mittelgroßer Flughafen und wir haben einige Businessjets da. Aber Piloten der GA, die ihre Lizenzen in unserem Raum erwerben und uns anfliegen, sind für uns wie unsere Hauptmahlzeit, das tägliche Brot, also unsere Daseingrundlage. Du konzentrierst dich vielleicht auf den Salat oder die Extras, aber die Hauptsache auf deinem Teller bleiben die Piloten der GA. Nachdem es also unsere Aufgabe ist, ihnen ein Service anzubieten, müssen wir zusammenarbeiten. Und wenn sie die formalisierte Sprache nicht beherrschen, dann können wir auch das gute, alte Englisch verwenden, um etwas zu erklären. Weißt du, wenn wir ihm eine formale Flugverkehrsanweisung geben und er sagt, er weiß nicht, was man von ihm erwartet - Flugschüler fragen oft nach - dann kann ich mit so jemandem wie am Telefon sprechen: „Hey, ich will, dass Sie noch eineinhalb Meilen weiterfliegen, machen Sie dann eine Linkskurve und melden Sie sich, sobald Sie den Flughafen sehen. Dann können Sie damit rechnen, dass Sie eine Landeerlaubnis von mir bekommen.” Ich habe gehört, dass deutsche Fluglotsen in solchen Situationen viel formeller bleiben.

KontrollturmIch denke, ein Vorteil unseres Systems ist, dass wir wirklich helfen können, wenn ein Pilot besorgt ist wie z.B. du, als du einmal über eine Gewitterfront besorgt warst. Das ist genau der Grund, weshalb wir vor einem Radarschirm sitzen. Weil wir schnell erkennen und sagen können: „Hey, 10 Meilen vor Dir in Richtung Norden gibt es ein starkes und sich schnell entwickelndes Gewitter. Fliege besser für eine Weile diesen Steuerkurs...” Falls du 1500-2500 Fuß über dem Erdboden fliegst und kein Wetterservice erreichbar ist, wie sollst Du wissen, wo genau sich ein Sturm befindet? Die Gewitterfront kann 5 Meilen breit sein, aber auch 50 Meilen; sie kann sich gerade in deine Richtung bewegen. Wie sollst du sonst während des Fluges etwas darüber erfahren? Ich glaube, eine der Hauptsachen, die Piloten hier im Land zu schätzen wissen ist die, dass sie jeweils ein extra Service bekommen, wenn sie mal etwas schmerzt oder sie irgendein Problem haben. Sie können etwa sagen: „Mayday”, „ help” oder „I’m lost” und wenn es gerade auf dieser Radiofrequenz einen Fluglotsen gibt, wird er schon darauf schauen, den Piloten dementsprechend zu helfen.

AVIATOR: Hast du in deiner mehrjährigen Praxis schon mal einen „Mayday”-Ruf erlebt?

KENNETH: Nein. Ich persönlich habe noch nie das Wort „Mayday” am Radio gehört. Ich habe mit Piloten gesprochen, die über verschiedene Probleme berichtet haben, aber sie haben nicht das Wort „Mayday” verwendet.

AVIATOR: Glaubst du, die Piloten haben Angst vor solchen Rufen?

KENNETH: Ja. Aber wozu ist er denn gedacht? Die Leute verwenden ihn wahrscheinlich nicht. Von meinen Kollegen habe ich über eine Zeit gehört, in der der Hilferuf „Mayday” angewandt wurde. Der Pilot einer kleinen Maschine starb während des Fluges und der Passagier, welcher vom Fliegen keine Ahnung hatte, sagte am Funk „Mayday”, weil er die Bedeutung dieses Rufes kannte. Er hätte sonst das Flugzeug nicht steuern, landen, an den Navigationstools arbeiten und die Radio- und Navigationsfrequenzen wechseln können.

Normalerweise sind die Piloten exzellent im Fliegen eines Flugzeuges, im Landen und Kommunizieren. Ich habe noch nie einen Notfall erlebt, welcher in eine Katastrophe gemündet wäre. Mit Verletzten, Todesopfern usw. Alles was ich gesehen habe, hat sich gut aufgelöst, sodass jeder gut gelandet ist. Das soll nicht heißen, dass es keine Abstürze gibt. Das passiert auch leider immer wieder. Unfälle, die ich gesehen habe, sind nicht hier passiert. Die Fluglotsen leisten ausgezeichnete Arbeit. Und wenn du einen Fluglotsen fragst... Gut, der Fluglotse nimmt das höchste Maß an Verantwortung auf sich und wir können darüber lachen und scherzen, wenn alles wie geschmiert läuft, aber sobald jemand in Schwierigkeiten gerät... Mensch! Du siehst eine Gruppe von Männern und Frauen um dich herum, eben Fluglotsen, die zusammenarbeiten und sich darauf konzentrieren, den Piloten sicher zurück auf die Erde zu bringen und das zu sehen, motiviert sehr!

ATC - RadarEs gibt noch einen anderen Grund. Ich denke, es ist eine weitere positive Seite unseres Systems, dass man weiß, wenn ein Pilot hier startet und beabsichtigt in Chicago zu landen, werden die Fluglotsen dort verantwortungsbewußt und vorsichtig mit ihm umgehen, wie ich hier. Das ist die höchste Priorität. Und wirklich: wenn das Flugzeug A zu einem x-beliebigen Flugplatz fliegen will und es noch fünfzig andere Flugzeuge dort gibt, betrachten wir ihn als einen weiteren Teilnehmer und er fliegt dorthin. Das ist es eben, wozu wir hier sind. Und was kann passieren, wenn Du ihn das alles selber und allein machen läßt, während er zum Beispiel gerade zwanzig startende Jets in Chicago um sich hat? Was, wenn er gerade achtzehn davon regiestriert, aber nicht den neunzehnten? Dann schafft er es nicht. Daher ordnet ihn der Fluglotse in die Schlange ein und bringt sie alle der Reihe nach sicher auf den Boden zurück und alle sind glücklich, inklusive Passagiere.

AVIATOR: Für uns Piloten ist es sehr interessant, deine Meinung als Fluglotse zu hören, denn es ist eine Möglichkeit, die Dinge einmal aus einer anderen Perspektive zu sehen und zu erfahren, was ihr über uns denkt.

KENNETH: Es wäre für mich eine große Überraschung zu erfahren, wenn woanders, vielleicht in anderen Ländern Fluglotsen die Piloten nicht auf dieselbe Weise betrachten. Ich habe mal gehört, dass das Service für GA-Piloten in manchen europäischen Ländern nicht gerade die höchste Priorität darstellt. Soll ich da wirklich einer Behauptung Glauben schenken, dass sie ihr Service vor allem den großen Fluglinien und den Militä

Weißt du, ich wundere mich. Dieses Land hat eine Menge GA-Piloten, ja wirklich tonnenweise. Ich habe früher in Kalifornien an der Küste gearbeitet. Piloten gibt es einfach überall in unserem Land. Jeder liebt es zu fliegen! Und das führt zu Jobs, zum Business. Es muss nicht gleich ein Firmenjet sein. Es kann auch eine zweimotorige Cessna sein, die einen Firmenchef vom Ort A zum Ort B bringt. Er muss eine dementsprechende Mannschaft haben und was er dann braucht ist auch ein geeignetes Service, um sich quer über Los Angeles sicher bewegen zu können. Du kannst zwar über Los Angeles fliegen ohne mit irgendeinem Fluglotsen zu sprechen, das ist aber ungesetzlich und du hast die beste Chance auf einen Zusammenstoß mit einem anderen Verkehrsteilnehmer. Es gibt dort wirklich ziemlich viele Flugzeuge gleichzeitig im Luftraum. Vielleicht ist das Ganze auch besser entwickelt in unserem Land, weil es so viele Leute gibt, die fliegen wollen und zwar nicht nur zur Erholung, sondern es gibt auch tonnenweise solche, die wegen dem Business und Schulbetrieb fliegen wollen. Ich denke, heutzutage haben Universitäten häufig ihr Flugzeug und auch der College-Präsident fliegt. Alle Sportteams chartern für gewöhnlich Flugzeuge und fliegen irgendwohin.

AVIATOR: Was denkst du? Wieso funktioniert die Entwicklung der GA hier so gut im Vergleich zu Europa?

ATC RadarKENNETH: Ich verstehe es selber nicht. Vielleicht ist der Hund in der Geschichte begraben. Nach dem zweiten Weltkrieg sind sehr viele Flugzeuge in den USA verblieben und auch sehr viele qualifizierte Piloten. Aber ich denke, so ähnlich musste es damals auch in Europa aussehen. Jedes Land hatte eigene Luftstreitkräfte, deshalb weiß ich nicht wieso gerade unsere Militärpiloten...

Weißt du, sie wurden pensioniert und wechselten langsam in den zivilen Luftverkehr. Es gab noch genug Flugzeuge, mehr als genug. Vielleicht war es in den 40-er und 50-ern auch billig genug, als das Fliegen letztendlich begann ökonomisch zu werden. Es gab genug Überschuß an Flugzeugen aus dem zweiten Weltkrieg und auch einige, die sie fliegen konnten. Sie konnten dann wirklich sehr billig ein Flugzeug kaufen, z.B. eine Jägerkampfmaschine oder so was ähnliches und sie dann selber verwenden. Später schossen auch neue Flugzeugkonstruktionen für den kleinen Mann wie Pilze nach dem Regen aus dem Boden. Cessna, Raytheon...eine große Zahl an Menschen in diesem Land baut Flugzeuge zum Verkaufen und die Leute fliegen einfach viel herum. Es ist sehr populär hier!

AVIATOR: Während des 2.Weltkrieges stieg die Flugzeugproduktion in den USA also rasant an. Später, schon während der Zeit der Ölkrise, gab es einen Einbruch in der Entwicklung der GA in den USA. Viele kleine Firmen wie z.B. die Beechcraft Factory, welche in Liberal die einmotorige Beech hergestellt hatte, wurden geschlossen.

KENNETH: Ich stimme mit dir überein. Auch Cessna, welche ihre Flugzeuge gleich hier neben unseren Pisten baut, hörte damals vor zehn oder fünfzehn Jahren auf, ihre GA-Flugzeuge wie C172 oder C182 zu bauen. Die Flugzeuge, die sie in den 50-er, 60-er und 70-ern gebaut haben, waren einfach weiter im Einsatz, es gab also einen funktionierenden Markt mit Gebrauchtflugzeugen- und während der 80-er gab es eine Art Verschärfung, eine finanzielle Beschränkung. Die Leute hatten einfach weniger Einkommen zur Verfügung. Ich denke, sie hatten einfach weniger Geld zum Ausgeben im Bereich der GA, da es nicht kostenlos ist. Es ist teuer. Aber ich glaube, es gibt jetzt jedenfalls eine ökonomische Wiederbelebung. Cessna beginnt mehr Flugzeuge zu bauen. Rayethon, welcher Beechcraft kaufte, baut auch einiges zusammen; und letztendlich das Wichtigste: es gibt jetzt den Mann für ein neues, persönliches Flugzeug. Ich meine es gibt natürlich einen Markt für Businessjets aber darunter gibt es auch einen Markt für das persönliche Flugzeug. Es gibt jetzt enorme Ressourcen und du kannst es einerseits an den Gesamtverkaufszahlen sehen, aber auch an der Gesamtzahl der Airportoperationen, welche wir Fluglotsen bewältigen.

AVIATOR: Wie groß sind die Veränderungen, die du in den letzten Jahren registriert hast? Bei der Gelegenheit: wie lange arbeitest du hier in Wichita Mid-Continental als Fluglotse?

KENNETH: Ich bin hier seit vier Jahren und der Trend in der Gesamtanzahl der OperationenFlughafen aus Sicht eines piloten wie z.B. die Abflüge vom Mid-Cont. oder die Abflüge von Benton, Jabara, Augusta, Landeanflüge nach IFR und derartige Sachen ist jedes Jahr steigend. Es gibt also konstanten Zuwachs, seitdem ich hier begonnen habe. Es gibt einen oder zwei Monate, in denen weniger los ist, vor allem in manchen Wintermonaten, aber der allgemeine Trend über ein Jahr gerechnet, liegt bei einem etwa zehnprozentigen Zuwachs und das ist ganz schön viel! Dabei glaube ich, dass Wichita die Lage im Rest des Landes gut repräsentiert. Es gibt wirklich keine Region im Land, wo der Flugverkehr vom Aussterben bedroht wäre. Und du siehst an den Informationen von Airlines, dass sie speziell in größeren Flughäfen unter Mangel an Raum leiden, um alle ihre Flugzeuge landen lassen zu können: die Passagieranzahl nimmt rapide zu, ich meine die Gesamtanzahl, weil immer mehr Leute reisen und sie deshalb mehr Flugzeuge haben; letztendlich geht ihnen wirklich der Raum aus, um all die Flugzeuge landen zu lassen. Weißt Du, sie wollen alle direkt nach dem Lunch oder direkt vor dem Frühstück wegen ihrer Meetings oder so änhlicher Sachen landen. Man muss sich wirklich schon etwas einfallen lassen, denn ein Airport kann nur so und so viele Menschen pro Stunde verwalten.

Und eine andere Sache, die auch schon die Kapazitätsgrenzen erreicht, ist unser Traffic Computer System. Das Radar- und Computersystem, welches mit Radar arbeitet. Es werden neue Typen von Computerprogrammen entwickelt, um einen neuen Radartyp zu unterstützen. Neue Dinge kommen also und die FAA entwickelt sie für das nächste Anforderungsniveau, für die nächste Ausstattungsgeneration. Es gibt teilweise noch hin und wieder eine ältere Technologie, welche dringend eine Aktualisierung braucht.

AVIATOR: Kannst du das bitte etwas ausführlicher erklären?

KENNETH: Ein Teil ist alt und ein Teil wurde modernisiert. Die Militärs haben wunderbare Sachen und sie beginnen, sie auch dem zivilen Sektor zugänglich zu machen; deshalb kann die FAA vermehrt komplexe, hochentwickelte Radarsysteme mit vielfärbigen Displays in die Hände nehmen. Wir haben jetzt eben nur einfärbige Displays zur Verfügung. Alles in grün sozusagen. Mehrere Farben würden natürlich helfen schnell zu erkennen, mit welcher Art des Verkehrs ich zu tun habe, was besonders im dichten Verkehr von großer Bedeutung ist. Denn noch einmal: unser Job ist es, all diese Flugzeuge, die hier landen oder starten wollen, das sicher und ohne Zusammenstöße machen zu lassen. Das ist es grundsätzlich, was wir machen. Wir haben die notwendigen Kompetenzen, die unumgänglich sind, wenn du als Fluglotse überhaupt arbeiten willst.

AVIATOR: Welche Fähigkeiten zeichnen eine guten Fluglotsen aus?

KENNETH: Du solltest als Lotse sehr schnell mit Zahlen umgehen können. Du musst ein ausgezeichnetes Erinnerungsvermögen haben was das Kurzzeitgedächtnis betrifft und mit Leichtigkeit räumliche Zusammenhänge erkennen. Denke kurz an ein Schachbrett als Beispiel: ich spiele zwar nicht gut Schach, aber man sollte schon drei Schritte im voraus wissen und sich vorstellen können, wie das Brett dann aussieht. Mit Flugzeugen ist es ganz ähnlich: dieses kommt hierhin und jenes dorthin usw. Das genau ist es, was wir tun müssen und deshalb werden auch bestimmte Personen für diesen Beruf ausgesucht. Kurz gesagt: jemand der gut ist im Umgang mit Zahlen, im räumlichen Denken und mit ausgezeichnetem Kurzzeitgedächtnis.

Weißt du, wir können uns an dein Rufzeichen nur ca. eine Minute lang erinnern, wenn wir es nicht niedergeschrieben haben. Wenn ich es nicht aufgeschrieben habe, kann es nach einer Minute passieren, dass ich mir überlege: jemand hat mich über Benton gerufen und ich kann ich nicht an seine Nummer erinnern. Natürlich fragen wir dann: wer hat über Benton gerufen, aber innerhalb einer oder zwei Minuten können wir uns an - sagen wir 20 Rufzeichen erinnern, mit denen wir in dieser Zeit zu tun haben.

AVIATOR: Und dann musst du diese Rufzeichen eigentlich genauso schnell vergessen können?!

KENNETH: Genau, weil wieder zwanzig neue kommen. Man muss schnell umschalten.

AVIATOR: Ist das alles nicht sehr schwierig?

control tower an airportKENNETH: Ja, gewiss. Deshalb sagt man in diesem Land, dass die Arbeit im Bereich der Flugkontrolle zu den stressbelastetsten Karierrepfaden zählt. Ich glaube, dieser Job hat eine ganze Menge an dazugehörigem Stress. Die Leute, die in diesem Beruf erfolgreich sind, haben ihre Wege und Methoden, wie sie sich von diesem Stress befreien. Und umgekehrt: die Menschen, die nicht sehr gut sind und dabei scheitern, sind meistens die, die keinen Weg zur eigenen Entspannung finden können. Wir alle kommen zur Arbeit und arbeiten sehr hart, wir müssen uns auf sehr viele Flugzeuge konzentrieren. Und den Leuten, die fähig sind, sich nach der Arbeit von dieser auch mental zu trennen und wegzugehen, um z.B. Spaß zu haben, ein Buch zu lesen, einen Rennwagen zu fahren oder eine Novelle zu schreiben, hilft das alles, den Stress los zu werden. Ich glaube, die Leute, die nach Hause gehen und sich selbst mit dem harten Tag, den sie gehabt haben foltern, halten nicht die ganze Berufskarierre aus. Wenn sie den Alltagsstress nicht abbauen können, holt er sie früher oder später ein. Das wird dann auf keinen Fall ein Spaß für sie. Es ist aber Spaß für die meisten unter uns! Wir genießen die Herausforderung. Es ist wie ein Videogame. Du weißt: diese Burschen sind hier, diese dort, diese noch woanders; die sollen hier sein, die anderen wieder dort! Du aber leitest sie schon irgendwie alle richtig ohne sie umzubringen!

AVIATOR: Das ist ein Vergleich!

KENNETH: Und es ist ein guter Gedanke, wenn uns bewußt bleibt, dass es um das Leben von Menschen an Bord geht, wenn wir acht geben auf die Leute, die fliegen. Richtig? Wenn wir sagen würden:„O.k., das ist nur ein Videogame, wir brauchen uns nicht zu kümmern”, dann funktioniert es nicht. Aber es wird funktionieren, sobald du sagst: „O.k., das ist ein Spiel und das Ziel dieses Spieles ist, dass niemand verletzt wird”. Richtig? Jeder landet sicher und das macht Spaß. Gerade heute habe ich mit einem der Kollegen gesprochen und er hat gesagt: „Ja, ich liebe es, das zu machen; ich liebe es Fluglotse zu sein und mit den Piloten zu reden.”

Ich denke, vor langer Zeit als die FAA als zivile Luftfahrtbehörde startete, hat sie sich verpflichtet, den Himmel für jeden der fliegt benutzerfreundlich zu machen. Jeder fliegt - nicht nur die großen Airlines, sondern auch die ortsansässigen Leute. Der Himmel sollte sicher sein - für wirklich jeden, der das machen will. Und gerade deswegen hat sich der Kurs geändert. Die FAA in den USA sagt: es sollte für jeden sicher sein zu fliegen und ihr alle seid eingeladen zu fliegen. Bitte, steigt in euer Flugzeug und fliegt. Und ich glaube es ist richtig so...

AVIATOR: Lass uns noch über etwas anderes sprechen: nämlich über Geld. Landegebühren für die GA sind fast so gut wie unbekannt in deinem Land. Vielmehr bekommt man oft noch ein sonstiges Service, Hilfe, Informationen, ein courtesy car und anderes. Wie ist das möglich? Wer zahlt dafür?

KENNETH: Ich bin kein Experte, aber wir alle zahlen eine Einkommensteuer. Ein Teil dieses Geldes geht an die Bundesregierung und wird dann der FAA zur Verfügung gestellt. Jedes Flugticket, das verkauft wird ist mit einer Steuer belegt. Ich glaube, es könnte drei Dollar pro Ticket ausmachen. Man zahlt ca. einen USD Landungssteuer oder drei USD Ticketsteuer. Das alles landet dann in einem riesigen Fonds und die Airports können dann aus diesem die notwendigen Mittel für Baumaßnahmen schöpfen. Wir haben vor einigen Jahren eine Startbahn errichtet. Der Flughafen in Wichita musste dafür nicht viel zahlen. Diese Mittel sind aus dem Fonds gekommen und ich glaube, so funktioniert es auch für viele andere Flughäfen im Land.

AVIATOR: Also ein Fondssystem?

KENNETH: Ja. Es gibt einen riesigen Flughafenfonds und die FAA ist eine nationale Behörde, die Geldmittel vom Kongress bekommt und ich zahle meine lokale Einkommenssteuer und auch meine Bundeseinkommenssteuer. Einen Teil davon bekommt der Kongress und dieser stellt wiederum einen Teil zur Verfügung. Aus diesen Mitteln werden z.B. wir Lotsen bezahlt. Es gibt allerdings ca. 17.000 Leute zu denen natürlich auch das Personal der FSS (Flying Service Stations) gezählt wird und auch das gesamte Management.

Ich denke, die Fluglotsen, also all die Leute vor den Radarbildschirmen oder in den Kontrolltürmen, machen vielleicht 11.000 im ganzen Land aus. Sie alle sind Angestellte einer öffentlichen Behörde. Ich weiß selber nicht, wie sie das alles finanzieren, ohne die Piloten mit einer Steuer und Gebühren zu belasten. Vielleicht teilweise doch über manche Gebühren. Du zahlst zwar keine Landegebühren und für andere Services, aber hast du nicht für Deine Prüfung zum Privatpiloten zahlen müssen?

 

Fortsetzung...

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