Die
Tage werden kürzer – ein guter Grund, die kälteren
Jahreszeiten mit einer Nachtsichtflug-Ausbildung zu „überbrücken“.
Johannes Mrazek vom Flugring Austria Wr. Neustadt hat diese
sinn-volle Ergänzung zum PPL im vergangenen Winterhalbjahr
mit einem Vereinskollegen absolviert. Ein Erfahrungsbericht,
der „Appetit“ machen soll.
Im Herbst,
wenn die Tage kürzer werden, ist die beste Zeit, um mit
der Nachtsichtflug-Ausbildung zu beginnen. Nachtsichtflug
(NVFR) ist ein „Mittelding“ zwischen Sichtflug
und Instrumentenflug. Man fliegt zwar nach Sichtflugregeln,
baut jedoch die Flugplanung stark auf Instrumenten auf. Auch
die Flugpläne (Flugplanpflicht!) werden vorwiegend nach
Instrumentenflug-Kriterien erstellt und bewilligt.
Mit unserem Fluglehrer Clemens Svatos gingen wir anhand des
Radio-Navigations-Bandes (hell-grünes Buch) der Schiffmann-Bücher
zunächst die Funknavigation durch. Angefangen von Wellen-ausbreitung
und Technik über NDB und VOR samt den dazugehörigen
Verfahren spannte sich der Bogen bis hin zu radargeführten
Anflugverfahren (SRE-Approach). Da wir als Sichtflieger eher
in geringeren Höhen unterwegs sind, war für uns
vor allem die Reichweite der einzelnen Navigations-hilfen
von Bedeutung. Zu den Verfahren gehört der Gebrauch der
jeweiligen Navigationshilfen, ent-sprechende Korrektur der
Windabtrift (samt überschlagsmäßiger Berechnung),
Anschneiden der jeweiligen Radials beim VOR und einiges mehr.
Wichtigstes Kriterium: Hindernisfreiheit
Wichtigstes
Kriterium bei der Nachtfliegerei ist die Hindernisfreiheit.
Ein genaues Studium der Kar-ten und die präzise Vorbereitung
des Fluges sind daher das Wichtigste bei der Nachtfliegerei.
Ge-rade in der Nacht kann es so finster sein, dass man den
Horizont nicht mehr ausreichend sieht oder die optischen Eindrücke
eine andere Waagrechte zeigen als es der Realität entspricht
(z.B. bei ei-ner ansteigenden Hügelkette am Horizont).
Gemäß den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften
fliegt der NVFR-Flieger nur mit Flugplan und mit Freigabe
und bleibt dabei außerhalb des Platzbereiches im kontrollierten
Luftraum (also in Ös-terreich Lufträume C, D und
E). Die Flugplanungen erfolgen vorwiegend anhand der Low Altitude
Enroute Charts, die für die IFR-Fliegerei verwendet werden.
Die in diesen Karten eingezeichneten Routen enthalten jeweils
Mindesthöhen, bei deren Einhaltung Hindernisfreiheit
garantiert ist
Wetterberatung:
Noch wichtiger bei NVFR
Die
Flugplanung richtet sich zwar nach dem tatsächlichen
Wetter, jedoch sind auch die Meteorologen auf die Werte angewiesen,
die ihnen zur Verfügung stehen. Hinsichtlich der Wolkenhöhe
gibt es beispielsweise in der Nacht nur die Wetterbeobachter
in Wien und Graz. Was dazwischen ist, kann der Meteorologe
zwar möglicherweise am Satellitenbild sehen, wie es wirklich
im Wechselge-biet ist, weiß die Wetterberatung vielfach
ebenfalls nicht. Großes Augenmerk ist daher sowohl auf
die tatsächlichen Wetterwerte zu richten als auch auf
die zur Verfügung stehenden Prognosen. Wir haben fast
bei jedem Flug auch mit der telefonischen Wetterberatung der
Austrocontrol gesprochen und im Zweifel geplante Flüge
abgesagt.
Simulatorfliegen:
„Sauberes“ Fliegen üben
Bereits
parallel zur Theorieausbildung begannen wir mit dem Simulatorfliegen.
Im Simulator kann man sehr schön das Anschneiden (“Interceptieren”)
von Radials üben, das möglichst gleichmäßige
und saubere Fliegen nach Wendezeiger und künstlichem
Horizont mit Standard-Kurven (3 Grad pro Sekunde, und mit
der Stoppuhr wird kontrolliert, ob der Vollkreis tatsächlich
2 Minuten gedauert hat), Radar geführte Landungen (der
Controller sagt, wie weit man weg ist, wie hoch man sein soll-te
und allfällige Richtungskorrekturen).
Besonders in der Nacht ist eine möglichst gleichmäßige
Fliegerei eine große Erleichterung, vor al-lem was Landungen
anlangt. Wer noch im Endanflug große Korrekturen benötigt,
tut sich dann auch bei der Landung schwerer. Gerade deshalb
ist die Simulatorfliegerei eine gute Übung.
Gewöhnungsbedürftige
Nachtlandungen
Im
Dezember war der erste “echte” Flug vorgesehen.
Unser erster gemeinsamer Flug ging von Wr. Neustadt nach Graz.
Ein unvergessliches Erlebnis: Die Fliegerei bei Nacht ist
wunderschön. Vor allem wenn der Mond scheint und die
Sicht gut ist, sieht man sehr weit. Wenn dann noch unten der
Schnee liegt, können die Nächte sehr hell sein.
Gerade in der Dunkelheit ist die Gefahr groß, dass man
beleuchtete Ortschaften verwechselt. Die Navigation erfolgt
daher schwerpunktmäßig über VOR, durch entsprechende
Berechnung der Kur-se, Flugstrecken und Flugzeiten und erst
subsidiär durch Sicht auf die jeweiligen Ortschaften.
Die Nachtlandungen sind gewöhnungsbedürftig. Das
einzige, was man einigermaßen zuverlässig hat,
ist der Anflugwinkel. Dieser ist durch die optische Anflughilfe
(PAPI) vorgegeben. Da man die Höhe in der Dunkelheit
nicht wirklich präzise schätzen kann, haben wir
einen verhältnismäßig sanf-ten Abfangbogen
gemacht und ließen das Flugzeug dann langsam und kontrolliert
auf die Piste sinken. Um bei der Landung mehr Zeit zu haben,
braucht man die höhere Anfluggeschwindigkeit. Gerade
bei den ersten Landungen haben wir uns geplagt, saubere und
sichere Landungen zu schaffen. Außerdem hatten wir am
Anfang das Problem, die Mittelachse der Piste zu treffen.
.
Nachtflug
nach Brünn
Der nächste
Flugabend führte uns nach Brünn. Der Flug war wiederum
ein Erlebnis. Vollmond, die Sicht nahezu unbegrenzt, und unten
alles Schnee bedeckt.
Der Flug führte uns um Wien herum. Die Planung war über
das VOR Stockerau vorgesehen. Wien Approach gab uns westlich
von Wien ein “Direct MIKOV”. MIKOV ist der Grenzüberflugspunkt
nahe des Grenzüberganges Mikulov. Bei solchen Abkürzungen
zeigt sich der Vorteil des GPS. Eine ver-nünftige Flugvorbereitung
einer Abkürzung ist sehr schwer, weil man im Voraus nicht
weiß, ob und wann die Abkürzung genehmigt wird.
In Brünn übten wir so wie vor und nach diesem Flug
in Graz wiederum Platzrunden. Ein weiterer Ausbildungsflug
führte uns rund um Wien. Bei diesem Flug merkte ich selber,
wie wichtig es ist, vorausschauend zu fliegen und sämtliche
zur Verfügung ste-henden Navigationshilfen zu verwenden.
Auf dem letzten Stück war ich etwas unkonzentriert und
flog auf Sicht, ohne auf den Kompass oder das VOR zu schauen.
Prompt flog ich die falsche Schnellstraße entlang und
verwechselte Wiener Neustadt und Mattersburg...
Alles
passt: Prüfung
Aufgrund
der erteilten Prüfungsreifebestätigung meldete ich
mich bei der Austrocontrol zur Prüfung an. Für die
Prüfung ist ein Flug zu einem mindestens 50 km entfernten
Flugplatz mit dortiger Zwi-schenlandung vorgesehen.
Da oft das Wetter im Norden besser ist als im Grazer Raum,
plante ich nach Rücksprache mit dem Prüfer zwei
Varianten, einen Flug nach Linz und von dort nach Wien, den
anderen nach Graz und von dort nach Wien. Eine Kontaktaufnahme
mit den Controllern der Austrocontrol zwecks Flugvor-bereitung
erfolgte einerseits über das Internet-Forum www.wien-approach.at,
andererseits telefo-nisch bei Wien Turm und Wien Approach.
Als eine Wetterbesserung absehbar war, vereinbarte ich mit
dem Prüfer von der OZB einen Prü-fungstermin für
den 22.April 2004. Dieser entschied am Vormittag, dass es
ausreichend wäre, et-was zeitiger von Wiener Neustadt
weg nach Graz zu fliegen und einen Teil des Fluges vor ECET
bei Tageslicht durchzuführen. Es war daher möglich,
den Abschluss des Fluges in Wiener Neustadt zu planen.
Nach Graz war ein Flug über BUMAS geplant, mit einem
Touch&Go in Graz und Rückflug nach Wiener Neustadt.
Der Rückflug war über den neuen Punkt VEMUS in 7000
Fuß geplant. Die Flug-zeit war mit je 50 Minuten angesetzt.
Um ausreichend Zeitpolster zu haben, flogen wir bereits kurz
vor 20 Uhr los. Der Hinflug erfolgte in ca. 6000 Fuß.
Da wir noch vor ECET waren, flogen wir ohne Freigabe und hatten
lediglich Kontakt mit Wien Information. Erst in der Nähe
von Graz wechselten wir auf Graz Radar, welche uns die Freigabe
für die Fortsetzung des Fluges als Nachtsichtflug erteilte.
Unsichtbare
Wolkenfetzen
Nach
Durchführung des touch&go in Graz ging es über
Lassnitzhöhe Richtung Osten. Ein paar Mei-len vor VEMUS
reichte Graz Radar uns auf die Frequenz von Wien Approach
weiter. Wien Appro-ach schickte uns direkt in Richtung VOR
Sollenau (SNU). Dieser Abschneider war auch ohne GPS möglich.
Hindernisfreiheit war aufgrund unserer Höhe (7000 ft)
gegeben. Ungefähr querab vom Wechselgebiet hätte
ich mir erwartet, bereits Wiener Neustadt zu sehen. Das war
jedoch nicht der Fall. Der Mond war nur eine schmale Sichel
und durch die Wolken auch nicht immer sichtbar. Da unten hügeliges
Gelände war und ich nicht klare Sicht auf den Horizont
vor uns hatte, konzentrierte mich auf den künstlichen
Horizont, Wendezeiger, Kompass und die VOR-Anzeige und bat
den Prü-fer, verstärkt Ausschau zu halten. Wenig
später erwischten wir tatsächlich einen Wolkenfetzen.
Ehe jedoch eine Reaktion möglich war, waren wir schon
durch und vor uns breitete sich Wiener Neu-stadt aus. Wir
konnten mit Zustimmung von Wien Approach unbesorgt den Sinkflug
einleiten und landeten in der Folge komplikationslos in Wiener
Neustadt Ost. Prüfung bestanden.
Sinnvolle
Erweiterung des fliegerischen Horizonts
Vor allem
für diejenigen, die keine Instrumentenflugausbildung
anstreben, ist die NVFR-Fliegerei eine sinnvolle Erweiterung
des fliegerischen Horizonts, die auch die Sicherheit bei VFR-Flügen
tagsüber erhöht. Abgesehen davon hat es seinen eigenen
Reiz, die meist vom Tag vertraute Ge-gend in der Nacht neu
zu entdecken und oft viel ruhiger als bei Tag über die
Lichter zu “schweben”.
Dr. Johannes
Mrazek,
Feedback an Autor
.
NVFR-Ausbildungserfordernisse
in Österreich:
/2004/
Ausbildung
allgemein:
- 5
Stunden und 20 Landungen bei Nacht.
Ausbildungsablauf
beim FRA Wnr. Neustadt (Beispiel):
-
5 Theorieabende (ca. 15 Stunden)
-
5 Stunden Link-Trainer
-
5 Stunden Praktische Ausbildung, vorzugsweise im
Winter (lange Nächte) von LOAN aus.
Erhaltung:
- Alle
2 Jahre 3 Stunden und 10 Nachtlandungen
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www.aviator.at,
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