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++ Das 36. Jahrestreffen der Europäischen Gebirgspiloten ++
vom 2. - 5. Juni 2006 in Österreich - Land des jüngsten Mitglieds
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Piloten aus 6 Nationen gehörten bisher zu dem losen Verband der Hochgebirgspiloten "European Mountain Pilots": Frankreich, Schweiz, Italien, Spanien, Deutschland und Luxemburg. Das siebente und gleichzeitig jüngste Mitglied - Österreich brach mit dem neuen Veranstaltungsort die bisherige Tradition.

Aussenlandefläche Aineck, 1600 m MSL in der Gegend von Mauterndorf
Gelandet in Aineck - Die Steilheit der Piste ist deutlich zu sehen

 

Mit der Entscheidung das traditionelle Treffen im Juni diesmal in Österreich abzuhalten, wollte die internationale Gemeinschaft einen neuen Akzent zur Verbreitung dieser Art der Fliegerei in den östlichen Alpen setzen. Die Kollegen vom Österreichischen Gebirgspilotenverein "ÖGPV" setzten kräftig zur Tat und somit wurde daraus ein spannendes und unvergessliches Erlebnis für etwa 100 Piloten und deren Freunde plus einige Zuschauer, die an diesem Wochenende nach Mauterndorf in Lungau, LOSM gekommen waren.

Aussenlandefläche Aineck, 1600 m MSL in der Gegend von Mauterndorf
Aineck - Landefeld auf 1600 m MSL

 

"Nicht verzweifeln"- schrieben die Organisatoren auf ihrer Homepage www.oegpv.at und ich nehme mir diesen Vorschlag wortwörtlich zu Herzen. Das seit einigen Tagen über Österreich verweilende Tief mit einer Okklusion bringt selbst einen Heiligen zum Weinen. Vom Wegfliegen aus Ostösterreich kann gar keine Rede sein. Daher rufe ich am Samstag in den Morgenstunden den Präsidenten des Vereins Andreas Gruber an um zu erfahren, ob das Treffen überhaupt stattfindet und seine Antwort lautet: "Wir verschieben nicht! Es gibt bereits 9 Flugzeuge und über 60 Gäste vor Ort." Ein internationales Treffen unter Pilotenkollegen zu verpassen?! Nein! Wetter hin oder her: dort will ich hin! Wir fahren also im strömenden Regen mit dem Auto in Richtung Lungau anstatt zu fliegen. Dass meine Entscheidung richtig war, zeigt sich bereits am Samstagabend bei dem auf dem Programm stehenden "Ball der Nationen". Der Saal ist voll und die Stimmung ist hervorragend!

Aussenlandefläche Aineck, 1600 m MSL in der Gegend von Mauterndorf
Aineck - Pistenneigung zwischen 10 und 18%

 

Sollte ich nur mit einem einzigen Wort meine bleibenden Eindrücke von dieser Veranstaltung schildern, würde ich das Wort "beeindruckend" verwenden.

Beeindruckend ist die Motivation und Entschlossenheit der angekommenen Gäste. Inzwischen erfahre ich, dass manche Kollegen aus Frankreich eine 1200 km lange Fahrt in Kauf genommen hatten, um dabei zu sein! Etwas besser erging es Marlies Campi aus Barcelona und ihren Freunden aus Ronda/Andalusien in Spanien. Nur noch etwa 20 Minuten Flugzeit trennt sie von dem Ziel Mauterndorf als sie gezwungen werden zu kapitulieren und in Lienz landen müssen. Sie tun das einzig Richtige: sie wechseln das Transportmittel Flugzeug gegen Auto aus und kommen nach über einer Stunde Fahrzeit in Mauterndorf an. Die ungewöhnlichste Anreise hatte allerdings der einzige Teilnehmer aus Luxemburg. Er kommt mit seinem Flugzeug sogar in die Nähe von Salzburg, als ihn der Regen, die sinkende Wolkenbasis und die schlechte Sicht zwingen umzukehren und letztendlich in Friedrichshafen zu landen. Er gibt sich aber nicht geschlagen. Er setzt seinen Weg mit der Deutschen und Österreichischen Bahn fort sowie einem Postbus, um am Samstagabend doch noch in Mauterndorf anzukommen. Eine derartige Entschlossenheit ist einzigartig und zeichnet alle anwesenden Piloten aus. Es würde mich allerdings nicht wundern, wenn aufgrund dieser Geschichte in der Zukunft neue Anekdoten entstehen würden, nämlich welche Rolle in der Entwicklung der Gebirgsfliegerei der Bahn zuzuschreiben sei.

Aussenlandefläche Aineck, 1600 m MSL in der Gegend von Mauterndorf
Aineck - Landung

Beeindruckend sind die Leistungen der einzelnen Piloten, die trotz der schwierigen Wetterverhältnisse eine Gelegenheit bekommen zu präsentieren, was man eigentlich unter Hochgebirgsfliegerei versteht. Gerade rechtzeitig heben sich am Sonntagvormittag die Wolken über die Gipfel, der Regen macht eine Pause und es folgen spannende Starts und Landungen auf der Almwiese am Aineck - einem neuen und speziell für die Veranstaltung vorbereiteten Außenlandeplatz inmitten der Salzburger Alpen. Diese Gebirgspiste ist ein Stück der Skipiste mit einer Neigung von etwa 18% und gehört sicher nicht zu den einfachsten. Sie ist etwa 350 Meter lang und sehr uneben, aber die Schwierigkeit liegt an diesem Tag an den Windverhältnissen. Sie liegt nämlich zur gegebenen Zeit auf der Luvseite einer starken Nordwestströmung, was zu den ungünstigen, unregelmäßigen und zum Teil sogar gefährlichen Verhältnissen bei Starts und Landungen führt. Manche Kollegen starten problemlos in momentaner Windstille, während andere, überrascht vom Abwind, in der Mitte der Piste plötzlich für einige Sekunden brutal zum Boden gedrückt werden und mit voller Motorleistung gegen den Höhenverlust ankämpfen müssen, um die Bäume am Ende der Piste zu überfliegen, was auch bei den Zuschauern einen erhöhten Pulsschlag verursacht. Weiter geht es etwas ruhiger: der ÖGPV erweist sich anschließend als großzügig, indem er alle Anwesenden zu deftigen Bauernschmankerln in die "Aineckstub´n" einlädt.

 

Aussenlandefläche Aineck, 1600 m MSL in der Gegend von Mauterndorf
Aineck - Angaben zur Piste

 

 

Beeindruckend ist die Leistung der Organisatoren, welche sich durch ihren Einsatz und ihre Kreativität erfolgreich dem aus Wettergründen drohenden Fiasko widersetzen. Das Szenario rund um den Flugplatz Mauterndorf mit den von Schnee bedeckten Gipfel und Temperaturen à la Wirtschaftswachstum in der EU, erinnert an diesen Tagen eher an den Spätherbst oder das Frühjahr als an den Sommer. Die Schneegrenze liegt bei den Außenlandungen am Aineck nur knappe 100 Meter über uns. An die Durchführung der für den Samstag geplanten Landungen im steirischen Eisenerz ist nicht zu denken. Aus einem Flug zum Außenlandeplatz am Steirischen Erzberg wird ein Ausflug, der vor allem von den ausländischen Gästen sehr herzlich aufgenommen wird. Die vorbereiteten Minibusse bringen alle Gäste zu dem monumentalen Werk des Bergbaus und der dort angelegten Gebirgspiste. Alle Piloten begutachten diese absolut neue und aufgrund des sehr engen Anflugs nicht gerade leichte Piste. Wer weiß? Man hofft, dass es eine Gelegenheit mit einer Landemöglichkeit geben wird. Heute aber widmen sich alle der Besichtigung des Schaubergwerks am Erzberg und einer Haulyfahrt.
Der am Abend folgende "Ball der Nationen" hilft das Wetter zu vergessen und trägt zur der Integration bei. Einmal mehr erweisen sich die Piloten als lernfähiges Volk: schon nach einem zwanzigminütigen "Training" unter der Anleitung von Martin, der sich an diesem Abend als ein wahrer Charmeur und Überredungskünstler entpuppt, tanzen wir zu achzig gemeinsam steirischen Volkstänze, von denen viele von uns eine Stunde davor noch nicht einmal gehört haben. Dass es draußen dabei konstant regnet, stört niemanden zumindest bis zu den Morgenstunden.

Am letzten Tag, dem Sonntag, folgt der eindeutige fliegerische Höhepunkt der Veranstaltung - die Außenlandungen am Aineck. Anschließend folgt der Ziellandewettbewerb, welcher schon traditionell zur Ehrung des Gebirgspiloten Hermann Geiger, im Rahmen des alljährlichen Treffens stattfindet und mit der Auszeichnung des besten Piloten mit dem "Hermann - Geiger - Pokal" verbunden ist. Da sich die Außenlandefläche am Aineck unter den heitigen Bedingungen nicht eignet, wird der Wettkampf auf dem Alpenflugplatz Mauterndorf unter erschwerenden Umständen durchgeführt. Die Regenschleier rücken zwar immer näher, aber die paar nassen Spritzer über dem Flugplatz sind nicht imstande die Gemüter abzukühlen. Jeder Pilot überfliegt ein Zeittor ("Timegate") und hat dann innerhalb der Zeitvorgabe von 90 Sekunden das Landefeld zu erreichen. Zeitüber- oder unterschreitungen werden mit Strafpunkten (1 Punkt / Sekunde) belegt, die vom Bonus von 90 Punkten ebgezogen werden. Das Ziellandefeld ist in Fünfmeter-Abstände in Anflugrichtung unterteilt.
Gewertet wird der letzte Bodenkontakt. Der Wind direkt über der Piste wechselt zwischen Windstille und Windböen von etwa 20 Knoten. Ein Rotor bildet sich immer wieder kurz über dem Flugplatz und hat sehr unregelmäßige Bedingungen zur Folge. Können und eine Portion Glück sind gefragt. Nach zwei Stunden und kurz bevor die Regenschauer wieder in einen Dauernieselregen übergehen, ist der glückliche Gewinner bekannt: Hans Fuchs, einer der besten Gletscher- und Gebirgsflieger aus der Schweiz schafft es in einer passablen Zeit direkt an der Ziellinie aufzusetzen. Der Tag vergeht sehr schnell und bald sehen wir uns alle wieder am Abend beim Gala-Dinner. Andreas Gruber, Obmann der österreichischen Vereinigung ergreift kurz das Wort im Namen der Organisatoren und geht gleich zu dem Punkt des Abends über, auf den wir uns alle wegen des erfüllten Tages und der kalten Witterung schon sehr freuen: nämlich zu dem ausgezeichneten Dinner. Erst später, bereits gestärkt geht es in einer familiären Atmosphäre zu den Ergebnissen und Ehrung der Sieger des Wettbewerbes. Danach lernen wir Neulinge im internationalen Kreis der Gebirgspiloten die alte Tradition kennen: eine alte, riesige Kuhglocke, geschmückt mit diversen Emblemen aus verschiedenen Ländern, Gebirgsvereinen und Gebirgsplätzen wird an die Österreicher überreicht und bleibt somit sie hier bis zu dem kommenden Treffen im nächsten Jahr, wo sie dann den Organisatoren des nächsten Gastlandes feierlich übergeben wird.

Das einzige, was während der Tage in Mauterndorf nicht ideal war, war wirklich nur das Wetter.
Dass Robert Barrier, der aus Frankreich kommende Präsident des Europäischen Verbandes "EPM" und auch des nationalen Verbandes AFPM (Associacion Francaise des Pilotes de Montagne) dem Klischee eines Franzosen in einer Hinsicht entspricht, dass er nämlich nur Französisch spricht, stellt kein Hindernis dar. Die gemeinsamen Gespräche am Tisch bei dem Gala-Dinner am letzten Abend ziehen sich bis spät in die Nacht hinein, dank der Unterstützung einiger Kollegen, welche hilfsbereit von einer Sprache in die andere übersetzen. Ich persönlich unterhalte mich sehr intensiv mit Robert dank der Hilfe von Mario Ventura, dem Obmann des italienischen Verbandes, welcher durch seine Sprachkenntnisse als Zwischenglied unserer Kommunikation dient. So geht es in diesen Tagen allerdings vielen von uns: wenn es ums Fliegen geht, gibt es kaum Barierren. Und als Robert, in Frankreich auch bekannt als Autor von Werken über die Hochgebirgsfliegerei, seine über Jahre gesammelten Fotos durch die Runde schickt, sind Worte überflüssig. Fasziniert betrachten wir unzählige Fotos diverser Gletscher in Frankreich. Auf den Fotos sind entweder diverse Landemöglichkeiten händisch eingezeichnet oder man sieht die Gletscher aus der Perspektive des Piloten, der soeben darauf gelandet ist. Bei einem Foto mit charakteristischem Gipfel habe ich einen Verdacht, um welchen es sich handeln könnte. Ja, Robert bestätigt meine Vermutung. Das Foto hat er nach einer Landung im Mont Blanc Massiv auf einem Schneefeld gemacht, etwa 500 Meter unter dem Hauptgipfel!
Spät in de Nacht müssen wir müssen wir unsere Gespräche leider abbrechen und uns voneinander verabschieden. Der kommende Tag ist nämlich der Abreisetag und manche von uns haben einen langen Weg nach Hause vor sich. Die Tage in Mauterndorf waren eine große Bereicherung, sowohl fliegerisch als auch menschlich.

Christoph Barszczewski


Die korrigierte Fassung dieses Berichtes wird in der nächsten Ausgabe von "Fliegermagazin" veröffentlicht .

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