Piloten
aus 6 Nationen gehörten bisher zu dem losen Verband
der Hochgebirgspiloten "European Mountain Pilots": Frankreich,
Schweiz, Italien, Spanien, Deutschland und Luxemburg. Das
siebente und gleichzeitig jüngste Mitglied - Österreich
brach mit dem neuen Veranstaltungsort die bisherige Tradition.
|
Gelandet
in Aineck - Die Steilheit der Piste ist deutlich
zu sehen |
Mit der
Entscheidung das traditionelle Treffen im Juni diesmal
in Österreich abzuhalten, wollte die internationale
Gemeinschaft einen neuen Akzent zur Verbreitung dieser Art
der Fliegerei in den östlichen Alpen setzen. Die Kollegen
vom Österreichischen Gebirgspilotenverein "ÖGPV" setzten
kräftig zur Tat und somit wurde daraus ein spannendes
und unvergessliches Erlebnis für etwa 100 Piloten und
deren Freunde plus einige Zuschauer, die an diesem Wochenende
nach Mauterndorf in Lungau, LOSM gekommen waren.
|
Aineck
- Landefeld auf 1600 m MSL |
"Nicht verzweifeln"- schrieben die Organisatoren auf ihrer
Homepage www.oegpv.at und ich nehme mir diesen Vorschlag
wortwörtlich zu Herzen. Das seit einigen Tagen über Österreich
verweilende Tief mit einer Okklusion bringt selbst einen
Heiligen zum Weinen. Vom Wegfliegen aus Ostösterreich
kann gar keine Rede sein. Daher rufe ich am Samstag in den
Morgenstunden den Präsidenten des Vereins Andreas Gruber
an um zu erfahren, ob das Treffen überhaupt stattfindet
und seine Antwort lautet: "Wir verschieben nicht! Es gibt
bereits 9 Flugzeuge und über 60 Gäste vor Ort." Ein
internationales Treffen unter Pilotenkollegen zu verpassen?!
Nein! Wetter hin oder her: dort will ich hin! Wir fahren
also im strömenden Regen mit dem Auto in Richtung Lungau
anstatt zu fliegen. Dass meine Entscheidung richtig war,
zeigt sich bereits am Samstagabend bei dem auf dem Programm
stehenden "Ball der Nationen". Der Saal ist voll und die
Stimmung ist hervorragend!
|
Aineck
- Pistenneigung zwischen 10 und 18% |
Sollte
ich nur mit einem einzigen Wort meine bleibenden Eindrücke von dieser Veranstaltung schildern, würde
ich das Wort "beeindruckend" verwenden.
Beeindruckend
ist die Motivation und Entschlossenheit der angekommenen
Gäste. Inzwischen erfahre ich, dass manche Kollegen
aus Frankreich eine 1200 km lange Fahrt in Kauf genommen
hatten, um dabei zu sein! Etwas besser erging es Marlies
Campi aus Barcelona und ihren Freunden aus Ronda/Andalusien
in Spanien. Nur noch etwa 20 Minuten Flugzeit trennt sie
von dem Ziel Mauterndorf als sie gezwungen werden zu kapitulieren
und in Lienz landen müssen. Sie tun das einzig Richtige:
sie wechseln das Transportmittel Flugzeug gegen Auto aus
und kommen nach über einer Stunde Fahrzeit in Mauterndorf
an. Die ungewöhnlichste Anreise hatte allerdings der
einzige Teilnehmer aus Luxemburg. Er kommt mit seinem Flugzeug
sogar in die Nähe von Salzburg, als ihn der Regen,
die sinkende Wolkenbasis und die schlechte Sicht zwingen
umzukehren und letztendlich in Friedrichshafen zu landen.
Er gibt sich aber nicht geschlagen. Er setzt seinen Weg
mit der Deutschen und Österreichischen Bahn fort sowie
einem Postbus, um am Samstagabend doch noch in Mauterndorf
anzukommen. Eine derartige Entschlossenheit ist einzigartig
und zeichnet alle anwesenden Piloten aus. Es würde
mich allerdings nicht wundern, wenn aufgrund dieser Geschichte
in der Zukunft neue Anekdoten entstehen würden, nämlich
welche Rolle in der Entwicklung der Gebirgsfliegerei der
Bahn zuzuschreiben sei. Beeindruckend
sind die Leistungen der einzelnen Piloten, die trotz der
schwierigen Wetterverhältnisse eine Gelegenheit bekommen
zu präsentieren, was man eigentlich unter Hochgebirgsfliegerei
versteht. Gerade rechtzeitig heben sich am Sonntagvormittag
die Wolken über die Gipfel, der Regen macht eine Pause
und es folgen spannende Starts und Landungen auf der Almwiese
am Aineck - einem neuen und speziell für die Veranstaltung
vorbereiteten Außenlandeplatz inmitten der Salzburger
Alpen. Diese Gebirgspiste ist ein Stück der Skipiste
mit einer Neigung von etwa 18% und gehört sicher nicht
zu den einfachsten. Sie ist etwa 350 Meter lang und sehr
uneben, aber die Schwierigkeit liegt an diesem Tag an den
Windverhältnissen. Sie liegt nämlich zur gegebenen
Zeit auf der Luvseite einer starken Nordwestströmung,
was zu den ungünstigen, unregelmäßigen
und zum Teil sogar gefährlichen Verhältnissen
bei Starts und Landungen führt. Manche Kollegen starten
problemlos in momentaner Windstille, während andere, überrascht
vom Abwind, in der Mitte der Piste plötzlich für
einige Sekunden brutal zum Boden gedrückt werden und
mit voller Motorleistung gegen den Höhenverlust ankämpfen
müssen, um die Bäume am Ende der Piste zu überfliegen,
was auch bei den Zuschauern einen erhöhten Pulsschlag
verursacht. Weiter geht es etwas ruhiger: der ÖGPV
erweist sich anschließend als großzügig,
indem er alle Anwesenden zu deftigen Bauernschmankerln
in die "Aineckstub´n" einlädt.
|
Aineck
- Angaben zur Piste |
Beeindruckend
ist die Leistung der Organisatoren, welche sich durch ihren
Einsatz und ihre Kreativität erfolgreich
dem aus Wettergründen drohenden Fiasko widersetzen.
Das Szenario rund um den Flugplatz Mauterndorf mit den von
Schnee bedeckten Gipfel und Temperaturen à la Wirtschaftswachstum
in der EU, erinnert an diesen Tagen eher an den Spätherbst
oder das Frühjahr als an den Sommer. Die Schneegrenze
liegt bei den Außenlandungen am Aineck nur knappe 100
Meter über uns. An die Durchführung der für
den Samstag geplanten Landungen im steirischen Eisenerz ist
nicht zu denken. Aus einem Flug zum Außenlandeplatz
am Steirischen Erzberg wird ein Ausflug, der vor allem von
den ausländischen Gästen sehr herzlich aufgenommen
wird. Die vorbereiteten Minibusse bringen alle Gäste
zu dem monumentalen Werk des Bergbaus und der dort angelegten
Gebirgspiste. Alle Piloten begutachten diese absolut neue
und aufgrund des sehr engen Anflugs nicht gerade leichte
Piste. Wer weiß? Man hofft, dass es eine Gelegenheit
mit einer Landemöglichkeit geben wird. Heute aber widmen
sich alle der Besichtigung des Schaubergwerks am Erzberg
und einer Haulyfahrt.
Der am Abend folgende "Ball der Nationen" hilft
das Wetter zu vergessen und trägt zur der Integration
bei. Einmal mehr erweisen sich die Piloten als lernfähiges
Volk: schon nach einem zwanzigminütigen "Training" unter
der Anleitung von Martin, der sich an diesem Abend als ein
wahrer Charmeur und Überredungskünstler entpuppt,
tanzen wir zu achzig gemeinsam steirischen Volkstänze,
von denen viele von uns eine Stunde davor noch nicht einmal
gehört haben. Dass es draußen dabei konstant regnet,
stört niemanden zumindest bis zu den Morgenstunden.
Am letzten
Tag, dem Sonntag, folgt der eindeutige fliegerische Höhepunkt der Veranstaltung - die Außenlandungen
am Aineck. Anschließend folgt der Ziellandewettbewerb,
welcher schon traditionell zur Ehrung des Gebirgspiloten
Hermann Geiger, im Rahmen des alljährlichen Treffens
stattfindet und mit der Auszeichnung des besten Piloten mit
dem "Hermann - Geiger - Pokal" verbunden ist. Da
sich die Außenlandefläche am Aineck unter den
heitigen Bedingungen nicht eignet, wird der Wettkampf auf
dem Alpenflugplatz Mauterndorf unter erschwerenden Umständen
durchgeführt. Die Regenschleier rücken zwar immer
näher, aber die paar nassen Spritzer über dem Flugplatz
sind nicht imstande die Gemüter abzukühlen. Jeder
Pilot überfliegt ein Zeittor ("Timegate")
und hat dann innerhalb der Zeitvorgabe von 90 Sekunden das
Landefeld zu erreichen. Zeitüber- oder unterschreitungen
werden mit Strafpunkten (1 Punkt / Sekunde) belegt, die vom
Bonus von 90 Punkten ebgezogen werden. Das Ziellandefeld
ist in Fünfmeter-Abstände in Anflugrichtung unterteilt.
Gewertet wird der letzte Bodenkontakt. Der Wind direkt über
der Piste wechselt zwischen Windstille und Windböen
von etwa 20 Knoten. Ein Rotor bildet sich immer wieder kurz über
dem Flugplatz und hat sehr unregelmäßige Bedingungen
zur Folge. Können und eine Portion Glück sind gefragt.
Nach zwei Stunden und kurz bevor die Regenschauer wieder
in einen Dauernieselregen übergehen, ist der glückliche
Gewinner bekannt: Hans Fuchs, einer der besten Gletscher-
und Gebirgsflieger aus der Schweiz schafft es in einer passablen
Zeit direkt an der Ziellinie aufzusetzen. Der Tag vergeht
sehr schnell und bald sehen wir uns alle wieder am Abend
beim Gala-Dinner. Andreas Gruber, Obmann der österreichischen
Vereinigung ergreift kurz das Wort im Namen der Organisatoren
und geht gleich zu dem Punkt des Abends über, auf den
wir uns alle wegen des erfüllten Tages und der kalten
Witterung schon sehr freuen: nämlich zu dem ausgezeichneten
Dinner. Erst später, bereits gestärkt geht es in
einer familiären Atmosphäre zu den Ergebnissen
und Ehrung der Sieger des Wettbewerbes. Danach lernen wir
Neulinge im internationalen Kreis der Gebirgspiloten die
alte Tradition kennen: eine alte, riesige Kuhglocke, geschmückt
mit diversen Emblemen aus verschiedenen Ländern, Gebirgsvereinen
und Gebirgsplätzen wird an die Österreicher überreicht
und bleibt somit sie hier bis zu dem kommenden Treffen im
nächsten Jahr, wo sie dann den Organisatoren des nächsten
Gastlandes feierlich übergeben wird.
Das einzige,
was während der Tage in Mauterndorf nicht
ideal war, war wirklich nur das Wetter.
Dass Robert Barrier, der aus Frankreich kommende Präsident
des Europäischen Verbandes "EPM" und auch
des nationalen Verbandes AFPM (Associacion Francaise des
Pilotes de Montagne) dem Klischee eines Franzosen in einer
Hinsicht entspricht, dass er nämlich nur Französisch
spricht, stellt kein Hindernis dar. Die gemeinsamen Gespräche
am Tisch bei dem Gala-Dinner am letzten Abend ziehen sich
bis spät in die Nacht hinein, dank der Unterstützung
einiger Kollegen, welche hilfsbereit von einer Sprache in
die andere übersetzen. Ich persönlich unterhalte
mich sehr intensiv mit Robert dank der Hilfe von Mario Ventura,
dem Obmann des italienischen Verbandes, welcher durch seine
Sprachkenntnisse als Zwischenglied unserer Kommunikation
dient. So geht es in diesen Tagen allerdings vielen von uns:
wenn es ums Fliegen geht, gibt es kaum Barierren. Und als
Robert, in Frankreich auch bekannt als Autor von Werken über
die Hochgebirgsfliegerei, seine über Jahre gesammelten
Fotos durch die Runde schickt, sind Worte überflüssig.
Fasziniert betrachten wir unzählige Fotos diverser Gletscher
in Frankreich. Auf den Fotos sind entweder diverse Landemöglichkeiten
händisch eingezeichnet oder man sieht die Gletscher
aus der Perspektive des Piloten, der soeben darauf gelandet
ist. Bei einem Foto mit charakteristischem Gipfel habe ich
einen Verdacht, um welchen es sich handeln könnte. Ja,
Robert bestätigt meine Vermutung. Das Foto hat er nach
einer Landung im Mont Blanc Massiv auf einem Schneefeld gemacht,
etwa 500 Meter unter dem Hauptgipfel!
Spät in de Nacht müssen wir müssen wir unsere
Gespräche leider abbrechen und uns voneinander verabschieden.
Der kommende Tag ist nämlich der Abreisetag und manche
von uns haben einen langen Weg nach Hause vor sich. Die Tage
in Mauterndorf waren eine große Bereicherung, sowohl
fliegerisch als auch menschlich.
Christoph Barszczewski
Die
korrigierte Fassung dieses Berichtes wird in
der nächsten Ausgabe von "Fliegermagazin" veröffentlicht
.
©
Autor: Christoph
Barszczewski
- www.aviator.at, Sitemap
|